A k u stik
Georg Philipp Telemann und
in Concerti von Antonio Vi
valdi.
In der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts kam es zur
Abkehr vom trompetenarti-
gen Gebrauch der Klarinette.
Das tiefe Register wurde wie-
derentdeckt, im Laufe der
Zeit wurden immer weitere
Klappen zur Erweiterung des
Tonumfangs montiert. Um sämtliche
Tonarten sauber spielen zu können,
stellten die Instrumentenbauer Klari-
netten in unterschiedlichen Stimmun-
gen her - geblieben sind heute vor allem
die Versionen in A und B, als Nebenin-
strumente die hohe Klarinette in Es so-
wie in der Tiefe die Bass- und Kontra-
bassklarinette. Nach wie vor gilt die Un-
terscheidung in „deutsches System“ und
französisches „Boehm-System“, das fast
überall außerhalb des deutschsprachi-
gen Raumes gespielt wird. Bei Klarinet-
ten des Boehm-Systeins werden breite-
re Mundstücke und dünnere Rohrblät-
ter gespielt, was den Klang schärfer, hel-
ler, aber auch flexibler macht - und
auch die Griffe unterscheiden sich vom
deutschen System.
Der weiche, geschmeidige Klang der
Klarinette hängt auch mit der Art der
akustischen Abstrahlung zusammen.
Wie der Akustikforscher Jürgen Meyer
bei seinen Untersuchungen feststellte,
erfolgt die Abstrahlung der tieferen
Obertöne bis 700 Hz rund um den Spie-
ler herum, wobei durch den Körper des
Klarinettisten allerdings eine starke Ab-
Jiirgen Meyer: „Akustik und
musikalische Aufführungs-
praxis'' (Edition Bochinsky) ist
ein Grundlagenbuch für jeden,
der sich intensiver mit Instru-
mentenakustik befassen will
schtrmung
des
Klangs
nach hinten erfolgt. Die
angenehm rund klingen-
den Obertonfrequenzen
bis 1000 Hz, die den weichen Klang der
Klarinette ausmachen, werden dagegen
sehr vorteilhaft - gleichsam aus den
Tonlöchern heraus - direkt nach vor
ne und oben abgestrahlt. Je höher
die Frequenz der Obertöne, desto
stärker werden sie in Rich-
tung des Schallbechers ge-
gen den Boden geführt.
Gustav Mahler macht sich
diesen Effekt zunutze, in-
dem er in seinen Sinfo-
nien von den Klari-
netten immer wieder
„Schalltrichter in die
Höhe“ fordert.
Die
hohen Frequenzen ge-
langen so auf direktem Weg, al-
so ohne dämpfende Reflektion
am Roden, ins Publikum, der
Klang
wirkt
schärfer
und
schriller.
Aus diesem Grund erfolgt bei
Aufnahmen die Tonabnahme
durch das Mikrofon
immer
über den Tonlöchern und nicht,
wie man vermuten könnte, am
Schallbecher. So werden die
weichen, rund klingenden Frequenzen
sofort vom Mikrofon aufgenommen, die
schrillen Frequenzen jedoch erst nach
dämpfender Reflektion an Boden oder
Wand der Bühne.
Wolfgang Amadeus Mozart wusste
über solche akustischen Feinheiten noch
nicht Bescheid. Für ihn zählte, was auch
heute einen Hörer beeindruckt, der dem
Klang der Klarinette lauscht: die Ge-
schmeidigkeit des Instrumentes, seine
dumpfe, unheimliche Tiefe,
seine kraftvolle, durchdrin-
gende Höhe. In der Ro-
mantik nannte man
das
„seelenvoll“.
Clemens Haustein
Martin Frost (oben) und
Jörg Widmann zählen zu den
herausragenden Klarinettisten
der jüngeren Generation
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